Der Fachkräftemangel ist in vielen Bereichen der deutschen Wirtschaft spürbar. Etwa die Hälfte aller Unternehmen berichtet von Beeinträchtigungen ihrer Geschäfte aufgrund des mangelnden Fachpersonals (Peichl et al., 2022). Durch den demografischen Wandel und die zunehmende Digitalisierung sehen sich deutsche Unternehmen immer mehr mit dem Problem konfrontiert, neue Lösungsansätze zu generieren, um langfristig Fachkräfte zu rekrutieren und an die Unternehmen zu binden.
44 % aller Berufsgruppen leiden derzeit unter einem anhaltenden Mangel von qualifizierten Fachkräften. Besonders betroffen sind unter anderem die MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) (BMWK, 2023).
Um zu verstehen, wie der Fachkräftemangel reduziert werden kann, werfen wir zunächst einen Blick auf die Ursachen:
Ein wesentlicher Faktor ist die alternde Gesellschaft in Deutschland. Aktuelle Berechnungen ergeben, dass sich die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (Personen zwischen 20 und 65 Jahren) schon bis Ende dieses Jahres um rund vier Millionen Menschen dezimieren. Im Jahr 2060 wird damit gerechnet, dass diese Zahl auf 10,2 Millionen Menschen ansteigen wird. (BMWK, 2023). Dieser Mangel macht sich besonders in unbesetzten Ausbildungsstellen bemerkbar. Nicht-akademische Ausbildungen in Bereichen wie dem Handwerk leiden besonders. Währenddessen ist die Anzahl der eingeschriebenen Studierenden an deutschen Hochschulen in den letzten Jahren deutlich gestiegen (Regniet, 2023; Destatis, 2023).
Weshalb sind jedoch manche Ausbildungsberufe attraktiver für junge Menschen als andere? Ein Grund dafür ist beispielsweise die Bezahlung. Gefangen in einem Teufelskreis steigt für Berufsbilder mit niedriger Vergütung die Arbeitsbelastung durch Unterbesetzung. Diese Unterbesetzung resultiert wiederum in Abwanderungen, womit sich diese Unterbesetzung noch verstärkt.
Auch die fortschreitende Digitalisierung hat ihren Anteil am Fachkräftemangel, insbesondere in MINT-Berufen. Durch sich verändernde Anforderungen werden beispielsweise mehr IT-Fachkräfte benötigt als je zuvor (Kay, 2023). Ebenso steigt die Nachfrage nach umweltfreundlichen Arbeitsplätzen und Kompetenzen (Schmitz, 2023). Sollten die zukunftsorientierten Branchen ihre offenen Stellen nicht besetzen können, entstehen daraus weitere Probleme für Deutschland. Iwona Janas von der Mangroup Deutschland merkt an: „Die internationalen Klimaziele lassen sich nur mit qualifizierten Fachkräften erreichen“. Sie erklärt zudem, „dass Unternehmen bei der grünen Transformation nicht nur technische Innovationen einführen, sondern auch die Stärken der eigenen Mitarbeitenden voll ausschöpfen müssen, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.“. Es sind innovative Lösungen gefragt (Schmitz, 2023).
All diese Beispiele zeigen: Um dem Fachkräftemangel erfolgreich zu begegnen, sind neue Strategien und Methoden heute notwendiger als je zuvor. Unternehmen werden zunehmend damit konfrontiert, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern und sichtbar zu machen, um von der neuen Generation wahrgenommen zu werden. Gezieltes Recruiting, Flexibilität in Arbeitszeit und -ort, Nutzung neuer Technologien, interne Aufstiegschancen sind dabei wichtige Elemente, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Neue Strategien zur Mitarbeiterentwicklung und eine attraktive Arbeitsumgebung unterstützen zusätzlich dabei, Fachkräfte langfristig an die eigene Organisation zu binden (Fehr, 2023).
Um Herausforderungen und Lösungen in Zeiten des Fachkräftemangels geht es auch in unserer neuen Podcast-Episode „TuWAs-Talkline – Wandel der Wertschöpfung im Antriebsstrang gestalten“. Annika Franken und Eva Walbröl vom FIR stehen mit Martin Loers im Interview Rede und Antwort zu innovativen Ideen und Konzepten für die Bekämpfung des Fachkräftemangels. Hören Sie rein.
- Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie für Arbeitgeber heute?
- Was sind die Voraussetzungen für die Attraktivität als Arbeitgeber? Was ist für Sie besonders wichtig, um Fachkräfte langfristig zu binden?
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Kontakt: tuwas@iwu.fraunhofer.de
Autorin: Eva Walbröl, FIR e. V. an der RWTH Aachen
Literaturverzeichnis
BMWK. (2023). Fachkräfte für Deutschland. BMWI. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/fachkraeftesicherung.html
Destatis. (2023). Studierende insgesamt und Studierende Deutsche nach Geschlecht. Statistisches Bundesamt. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Tabellen/lrbil01.html#242472
Fehr, G. (2023). Employer Branding für die Generationen Y und Z: Maßnahmen zur Steigerung der Sichtbarkeit und Attraktivität als Arbeitgeber bei den Generationen Y und Z. Winterthur : ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. DOI: 10.21256/zhaw-28047.
Kay, C. (2023). IT-Fachkräftemangel: Arbeitsmarkt 2023 – Zahlen, Daten, Fakten. IT-Talents Für Arbeitgeber. https://employer.it-talents.de/blog/it-fachkraeftemangel/
Peichl, A., Sauer, S., & Kohlrabe, K. (2022). Fachkräftemangel in Deutschland und Europa – Historie, Status quo und was getan werden muss. ifo Institut.
Regniet, T. (2023). Fachkräftemangel in Deutschland: Die wichtigsten Zahlen, Fragen und Antworten. Wirtschaftswoche. https://www.wiwo.de/politik/deutschland/fachkraeftemangel-in-deutschland-wenn-unternehmen-das-personal-ausgeht-ein-ueberblick-zum-fachkraeftemangel/28936056.html Schmitz, W. (2023). Unternehmen: Die Nachfrage nach umweltfreundlichen Arbeitsplätzen und Kompetenzen steigt rapide an – VDI Nachrichten. VDI Nachrichten – Das Nachrichtenportal für Ingenieure. https://www.vdi-nachrichten.com/karriere/arbeitsmarkt/unternehmen-die-nachfrage-nach-umweltfreundlichen-arbeitsplaetzen-und-kompetenzen-steigt-rapide-an/